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WM 2022 in Katar: Boykottentscheidung auf Grundlage eines umgehend zu erstellenden Kriterienkatalogs

Um es kurz zu machen: Wir lehnen die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar ab. Zahlreiche Hinweise auf Korruption im Vergabeverfahren, die klimatische Situation und Verlegung in den Winter sowie massive Menschenrechtsverletzungen sind mehr als Grund genug. Dieses Turnier hätte schlicht nicht nach Katar vergeben werden dürfen. Ein Boykott dieser Weltmeisterschaft wäre eine dringend notwendige Zäsur im Fußballgeschäft, die bitter nötige rote Linie, die schon vor elf Jahren hätte gezogen werden müssen. Es gibt offensichtlich keine Grenzen und keinen Skrupel mehr. Die internationalen Fußballverbände bevorzugen die Maximierung von Profit um jeden Preis. Egal, wie hoch er bereits ist! Und egal, ob er Menschenleben, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung oder die Pressefreiheit kostet – um nur ein paar Punkte zu nennen.

Die Debatten um einen Boykott oder eine Teilnahme am Turnier sind entsprechend richtig und längst überfällig. Dennoch sind wir der Meinung: Eine öffentliche Schwarz-Weiß-Diskussion, wie sie zum aktuellen Zeitpunkt geführt wird, ist nicht zielführend. Aus unserer Sicht muss es bei allen Debatten rund um die WM 2022 in Katar darum gehen, für die Menschen vor Ort das Beste aus der schlechten Situation herausholen. Dazu muss der Druck auf die Fifa und Katar erhöht werden, nun endlich den zahlreichen Worten auch Taten folgen zu lassen.

Boykottentscheidung im August 2022 nach überprüfbaren Kriterien

DFB und FIFA müssen transparente, wirksame und überprüfbare Maßnahmen für substanzielle und nachhaltige Verbesserungen in Katar identifizieren und in einem überprüfbaren Kriterienkatalog festschreiben. Wir fordern vom DFB die umgehende Erstellung eines solchen Kriterienkatalogs. Dieser muss zur Grundlage einer endgültigen Entscheidung über Boykott oder Teilnahme an der WM in Katar zum Stichtag am 31. August 2022 werden. Katar muss in dieser Phase substanzielle Verbesserungen überprüfbar vorweisen. Zu den Kriterien müssen zwingend gehören:

  • Garantie der Pressefreiheit in Katar
  • Installation unabhängiger Beobachter*innen zur Überwachung der Arbeits- und Unterbringungsbedingungen sowie Lohnzahlungen an Migrant Workers, Nachzahlung ausstehender Löhne und Entschädigung für Opfer
  • Ermöglichung von Autopsien bei Todesfällen in Zusammenhang mit der WM
  • gleichberechtigter Zugang zur WM für alle Menschen, unabhängig des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und des sozialen Status
  • Garantie der Rede- und Meinungsfreiheit in den WM-Stadien und im Zusammenhang mit der WM

Weitere Bedingungen sind auf Grundlage von Gesprächen mit Arbeits- und Menschenrechtsorganisationen aufzustellen. Sind die aufgestellten Kriterien zum Stichtag nicht erfüllt, muss sich der DFB gegen eine Teilnahme am Turnier entscheiden.

Forderungen an den Deutschen Fußballbund, Spieler und Vereine

Neben dem Kriterienkatalog fordern wir vom DFB:

  • eine umfassende Erklärung über seine Positionierung zur WM in Katar auf Basis unabhängiger Gutachten.
    • von der Offenlegung des bisherigen verbandsinternen Entscheidungsprozesses, über die Korruptionsvorwürfe am WM-Vergabeprozess, hin zu bisherigen wie zukünftig erwarteten Effekten der WM auf die Menschenrechtssituation in Katar.
    • aus einer solchen Erklärung müssen belastbare Parameter für zukünftige Verbandsentscheidungen abgeleitet werden können.
  • kontinuierliche und kritische Berichterstattung in Zusammenhang mit der WM
    • proaktive Aufklärung und Information der Öffentlichkeit über Eindrücke vor Ort, nicht hinzunehmende Zustände, Gespräche mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und politischen Vertreter*innen sowie wiederkehrende, sichtbare Positionierungen für Menschenrechte
  • keine Nutzung potenzieller Gewinne aus der Fußball-Weltmeisterschaft bis 2027 und nur bei nachweislich nachhaltigen Verbesserungen in Katar
    • Erstellung eines Ziele-Katalogs durch unabhängige NGOs zur nachhaltigen Verbesserung der Menschenrechtslage sowie von Migrant Workers bis zum Jahr 2027
    • Inanspruchnahme von Gewinnen nur bei Erreichen der definierten Ziele
    • bei Nicht-Erreichung vollumfängliche Spende der Erlöse an Menschenrechtsorganisationen.
  • von Spielern fordern wir eine kritische Auseinandersetzung mit der Menschenrechtssituation in Katar und die konsequente Einforderung der Achtung aller Menschenrechte
    • Zeigt Größe, nutzt eure Reichweite und Popularität, um auf Missstände aufmerksam zu machen und die konsequente Achtung von Menschenrechten einzufordern! Dabei darf es nicht bei plakativen Bekundungen bleiben. Setzt euch kritisch mit der Lage vor Ort auseinander und nutzt eure mediale Präsenz für Aufklärung. Auch ihr habt die Möglichkeit, eure finanziellen Erlöse im Zusammenhang mit der WM in die Stärkung von Menschenrechten, statt in eure eigenen Taschen zu stecken.
  • Von deutschen Profivereinen erwarten wir im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion eine umgehende Beendigung jeglicher Geschäftsbeziehungen mit Institutionen, Firmen und Staaten, die systematisch Menschenrechte verletzen.
    • Unser Fußball darf künftig kein Imagepflegewerkzeug für korrupte Funktionäre, zwielichtige Sponsoren und Staaten mit systematischen Menschenrechtsverletzungen mehr sein. Auch diese Entscheidung ist längst überfällig.

Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Zu keiner Zeit und zu keinem Preis! Wir erwarten von DFB und FIFA, aber auch von allen Vereinen und Spielern eine konsequente Positionierung, die Menschenrechte achtet, schützt und nachhaltig stärkt.