Dieses Frühjahr steht sowohl die Reform der UEFA-Clubwettbewerbe als auch die Entscheidung über den Verteilungsschlüssel der Einnahmen an. Wir sagen klar und deutlich: Die Reform darf nicht auf Kosten der nationalen Ligen gehen! DFB, DFL und deutsche Club-Vertreter sind aufgefordert, im Sinne des gesamten deutschen Fußballs zu handeln. Dabei darf die Drohkulisse einer Super-League nicht zu faulen Kompromissen führen. Ein integrer Wettbewerb – national und international – muss das gemeinsame Ziel sein. Deshalb fordern wir eine Korrektur der geplanten Reform der Wettbewerbsformate ab 2024 und eine sukzessive Anpassung der Verteilung der UEFA-Erlöse über die kommenden beiden Verteilungsperioden ab diesem Sommer.
Erst vergangene Woche hat die DFL angekündigt, „sich auf internationaler Ebene verstärkt für Reformen mit Blick auf die finanziellen Rahmenbedingungen einsetzen“ zu wollen. Die hierfür auf lange Sicht entscheidenden Beschlüsse werden bei der UEFA bereits in den nächsten Wochen gefällt. Beteiligt an der Entwicklung der Reform ist unter anderem die European Club Association (ECA), in der zehn DFL-Vereine vertreten sind. Die DFL kann darüber hinaus über die European Leagues ihren Einfluss geltend machen. Entscheiden wird schließlich das UEFA-Exekutivkomitee, in dem für den DFB Dr. Rainer Koch sitzt.
Reform der UEFA-Clubwettbewerbe ab 2024: Mehr Spiele und mehr Startplätze den Etablierten
Für uns sind die folgenden drei Aspekte des von UEFA und ECA entwickelten Reformvorschlags von besonderer Bedeutung und müssen dringend korrigiert werden:
- Die Gruppenphase aller drei Wettbewerbe – Champions League (CL), Europa League (EL) und Europa Conference League (ECL)) – soll einem Ligenmodus weichen, ohne dass jedoch jeder gegen jeden spielt (Schweizer Modell). Die Anzahl der Vorrundenspiele der CL soll von sechs auf zehn angehoben werden. Zusammen mit der ebenfalls neu eingeführten Zwischenrunde vor dem Achtelfinale stünden so für Teams und Fans bis zu sechs zusätzliche Spiele pro Saison auf dem Programm.
- Die Anzahl der Clubs in der CL soll von 32 auf 36 angehoben werden. In Kombination mit der Anhebung der Vorrundenspiele würde dies beinahe zu einer Verdopplung der CL-Spiele pro Saison – von 125 auf 225 – führen.
- Zwei bis drei der neu zu vergebenden Startplätze sollen nicht mehr auf Basis der sportlichen Leistung in der vorausgegangenen Saison vergeben werden, sondern über einen langfristigen UEFA-Koeffizienten. Zur Verdeutlichung: Würde der FC Bayern nur den 5. Platz in der Bundesliga-Tabelle erreichen, wäre er je nach Punktepolster dennoch für die CL qualifiziert. Das heißt auch: Er könnte dann ganz unabhängig von seiner sportlichen Leistung in den nächsten Jahren mit den Erlösen aus der Champions League planen.
Bestehende Verteilung der UEFA-Erlöse zementiert Ungleichheit – Chance für Veränderung muss jetzt ergriffen werden!
Aktuell stehen gleich für zwei Perioden (2021 bis 2024 und 2024 bis 2027) die Entscheidungen über den Verteilungsschlüssel an. Bisher wird in der Champions League (32 Clubs) das 4-fache der Europa League (48 Clubs) ausgeschüttet. Die nicht für Europa qualifizierten Vereine der nationalen Ligen erhalten bescheidene 4 Prozent der Erlöse aus einem sogenannten „Solidartopf“. Zur Verdeutlichung: Die nicht für Europa qualifizierten Vereine der nationalen Ligen erhielten 2018/19 gemeinsam 130 Millionen Euro, während der FC Bayern München alleine 117 Millionen Euro für den CL-Sieg einnahm.
Zur Erinnerung: Der Beschluss zur Verteilung der DFL-Erlöse auf nationaler Ebene ist erst wenige Monate alt. Die Rufe nach einer gleichmäßigeren Verteilung der Einnahmen aus der TV-Rechte-Vermarktung waren so laut wie nie. Alle bundesweiten Fanorganisationen, aber auch etliche Vereine und Funktionäre, hatten sich für eine gerechtere Verteilung ausgesprochen. Geändert hat sich nichts.
Eines der Argumente: Man schwäche die internationale Wettbewerbsfähigkeit, wenn gleichmäßiger verteilt würde. Dieses Argument kann bei der UEFA-Entscheidung nicht gelten, denn sie würde auf europäischer Ebene alle Vereine gleichermaßen treffen. Die Chance einer gleichmäßigeren Einnahmen-Verteilung, die nationale Ligen stärkt statt schwächt und die internationalen Wettbewerbe gleichmäßiger berücksichtigt, muss jetzt ergriffen werden.
Konkrete Erwartungen und Forderungen
Wir erwarten, dass alle Vertreter des deutschen Fußballs zum Wohl der nationalen Ligen und im Sinne der Integrität der Wettbewerbe handeln. Sie dürfen sich weder von der Profitgier einzelner Vereine oder Funktionäre, noch von Drohgebaren leiten lassen. Konkret fordern wir:
- keine zusätzlichen Spieltage in den UEFA-Wettbewerben durch die geplante Reform
- Vergabe etwaiger zusätzlicher Startplätze in der Campions League ausschließlich anhand der sportlichen Qualifikation in der Vorsaison. Die Maßgabe muss lauten: Plätze bevorrechtigt an die Meister der nationalen Ligen, niemals über den UEFA-Koeffizienten!
- Änderung der Verteilung der UEFA-Erlöse in den nächsten beiden Perioden mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Verteilung der Erlöse auf die drei UEFA-Wettbewerbe und einer sukzessiven Anhebung des „Solidartopf“ mit dem Ziel einer 50-prozentigen Verteilung zwischen den nicht europäisch spielenden Vereinen der nationalen Ligen und den die nationalen Ligen vertretenden europäischen Wettbewerbsteilnehmern.
Wir erwarten öffentliche Stellungnahmen der deutschen Verbände DFL und DFB sowie der involvierten Clubvertreter über ihre Positionen. Die Entscheidungen müssen die Integrität der Wettbewerbe stärken und dürfen zu keiner Zeit die nationalen Ligen schwächen – dies gilt umso mehr für diejenigen, die als Repräsentanten des gesamten deutschen Fußballs in Entscheidungsfunktion sind.
Reform korrigieren, Neu-Verteilung der UEFA-Erlöse beschließen und nationale Ligen stärken. Jetzt!
Dem Positionspapier von Football Supporters Europe (PDF) schließen wir uns vollumfänglich an.