Rückblick auf das Netzwerktreffen in Frankfurt am 28.05.22
Nicht unsere WM! Unter diesem Motto kamen am 28.05.22 rund 50 Fans und Fanvertreter*innen aus ganz Deutschland in Frankfurt zusammen. In insgesamt sieben verschiedenen Workshops und einem großen Abschlussplenum wurde die Lage in Katar und im Weltfußball, sowie die eigenen Handlungsmöglichkeiten gegen das zum Ende des Jahres stattfindende WM-Turnier diskutiert. Alle waren sich einig: Ein Skandal-Turnier, das nicht ohne Protest und kritische Begleitung aus der Zivilgesellschaft vonstattengehen darf!
Dementsprechend wurden etwa verschiedenste Protestformen besprochen. Von niedrigschwelligen Möglichkeiten – etwa dem Verbreiten kritischer Botschaften Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen – bis hin zu komplexeren, möglichst bundesweiten Aktionen, die Vorbereitung und Vernetzung erfordern. Hierbei wurde das Erfordernis deutlich, die Kritik mit starken Bilder zum richtigen Zeitpunkt zu verbinden, um den Protest auch medial wirken zu lassen.
In anderen Workshops ging es hingegen nicht primär um das eigene Handeln, sondern um Informationen rund um Katar und die FiFA: Expert*innen von QFF, Amnesty International und dem CARPO Institut aus Bonn (einem Beratungs- und Forschungsinstitut für Mittel- und Nahoststudien mit dem Schwerpunkt Partnerschaften mit Ländern des Orients) berichteten zum Beispiel zur Situation der queeren Community in Katar und von Fans, die nach wie vor planen, zum Turnier zu fahren, zur Situation der Menschenrechte in Katar im Allgemeinen und bei den Arbeitsmigrant*innen im Besonderen, wobei auch der westlich europäische Blick auf Katar und die eigene Verantwortung kritisch reflektiert wurde.
Diese Workshops waren von einer differenzierten Betrachtungsweisen und einer Fülle von Erkenntnisgewinnen geprägt. U.a. wurde deutlich, wie fatal die Lebenssituation der Arbeitsmigrant*innen sein muss, damit sie sich der ausbeuterischen Willkür des nach wie vor bestehenden Kafalasystems ausliefern. Weiterhin wurde aufgezeigt, wie dieses System in ungebrochener Tradition des Sklavenhandels der britischen Kolonialzeit steht. Ein Ausbeutungs-System, das nur durch die Niedriglöhne und die Ausweglosigkeit in den jeweiligen Herkunftsländern der Arbeitsmigrant*innen bestehen kann – und zeitgleich produktive Kräfte aus diesen Ländern abführt. Ein System schließlich, das in der Form nur funktioniert, weil es in reichen Ländern wie Deutschland etwa kein effektives Lieferketten-Gesetz und somit keine real durchgesetzte Pflicht zu fairen Produktionsbedingungen als Marktzutrittsvoraussetzung gibt.
Begleitet hat uns bei der Veranstaltung natürlich auch der Zynismus, der in weiten Teilen der Fußballbranche ob dieser Umstände vorherrscht. So wird die FIFA nicht müde zu erklären, dass man nunmal mit diesen Umständen arbeiten müsse und dass man auf deren Grundlage dennoch „die beste WM aller Zeiten” realisieren könne. Es sei doch eine WM, die erhebliche Besserung gebracht habe… Auch hier herrschte im Netzwerk Einigkeit: Wir müssen diesem Zynismus und der mit ihm einhergehenden Gleichgültigkeit jetzt und in Zukunft den Kampf ansagen!
Hieraus ergab sich unter anderem auch der unbedingte Wille, dass wir nie so sehr abstumpfen wollen, dass wir solche Skandale einfach nur zur Kenntnis nehmen. Es sind zwei Botschaften, die wir miteinander verbinden werden: Wir lassen uns unseren Sport nicht nehmen und werden solche Vergabepraxen niemals akzeptieren. Und wir werden alles dafür tun, stets dafür zu sorgen, dass die eigene Menschlichkeit gewahrt bleibt.
Schließt euch den vielfältigen, lauten und kreativen Protesten zur WM in Katar 2022 an und werdet Teil des Netzwerkes. Meldet euch hierfür unter nichtunserewm@gmx.de Und merkt euch schon mal den 24.09.2022 vor – dort treffen wir uns ein weiteres Mal. Es wird unter anderem eine Podiumsdiskussion mit spannenden Gästen geben. Diese kann live vor Ort in Frankfurt oder online verfolgt werden. Weitere Informationen folgen.
Wir bedanken uns bei den Netzwerkpartnern Gesellschaftsspiele e.V., !NieWieder, BoycottQatar2022 und der KOS für die tolle Zusammenarbeit bei der Realisierung des Netzwerk-Treffens.