Fans tragen Transparent gegen Repression

Unsere fanpolitischen Forderungen zum Saisonstart

Mit dem Start der 1. Bundesliga rollt in allen Profi-Ligen der Männer der Ball wieder. Anlass genug, uns nochmal mit einem eingehenden Appell zu drei relevanten Themen in der Saison 2022/23 zu Wort zu melden: Der Freigabe von Fanutensilien, dem Umgang mit einem möglichen Sonderspielbetrieb und den Digitalisierungsprozessen in den Bereichen bargeldloses Bezahlen und Eintrittskarten. 

Wir erwarten von unseren Vereinen und von den Verbänden eine konsequente Berücksichtigung unserer Positionen und werden uns sowohl bundesweit als auch lokal für diese Belange einsetzen. 

Umfassende Freigabe von Fanutensilien

Auch wenn es mittlerweile ein alter Hut ist, dass die Freigabe von Fanutensilien in der Anlage 9 der Sicherheits-Richtlinien des DFB verankert ist, erreichen uns nach wie vor etliche Fanbriefe mit spezifischen Einschränkungen von Fanutensilien. Mal ist es die Stocklänge, die begrenzt ist, mal die Anzahl von Fahnen und Doppelhaltern, ein anderes Mal betrifft es Zaunfahnen. Wir erwarten von allen Vereinen, dass die Freigabe der Fanutensilien im Einklang mit der Anlage 9 und zudem wohlwollend für eine bunte Fankurve erfolgt. Denn Fanutensilien sind keine Privilegien, sondern elementarer Bestandteil der Fankultur.

Potenzieller Corona-Sonderspielbetrieb

Solange keine Einschränkungen aufgrund des politisch veranlassten Gesundheitsschutzes vorherrschen, erwarten wir eine vollständige Rücknahme jeglicher Maßnahmen, die im Kontext des Sonderspielbetriebs in den Zuschauer*innen-Bereichen getroffen worden sind. Im Hinblick auf potenzielle Einschränkungen im Herbst oder Winter appellieren wir eindringlich an Vereine und Verbände, von Anfang an Fanvertreter*innen in Überlegungen und Entscheidungen einzubeziehen. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass die Akzeptanz für Maßnahmen in hohem Maße steigt, wenn eine Beteiligung von Anfang an sichergestellt wird. Fans sind die Expert*innen für ihre Lebenswelt und stellen wichtige Seismografen dar.

Digitalisierungsprozesse in den Stadien: Eintrittskarten und bargeldloses Bezahlen

Der Sonderspielbetrieb hat unter anderem als Motor für Digitalisierungsprozesse in den Bereichen Eintrittskarten und bargeldloses Bezahlen fungiert. Grundsätzlich begrüßen wir Digitalisierungsprozesse im Fußball, solange sie erstens das Stadionerlebnis weiterhin in den Mittelpunkt stellen, zweitens nicht zu Ausschlüssen führen und drittens fest an den Datenschutz rückgebunden sind. 

Bezüglich des bargeldlosen Bezahlens setzen wir uns dafür ein, dass neben Zahlungen über Bankkarten und digitale Systeme immer eine Möglichkeit der Bezahlung mit Bargeld bereitgehalten wird. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Fußballfans über ein eigenes Konto und eine eigene Bankkarte verfügen. Sollten nur elektronische Zahlungen angeboten werden, so ist mindestens eine Tauschstelle von Bargeld in eine temporäre digitale Zahlungsoption vorzuhalten. Zugleich lehnen wir geschlossene Bezahlsysteme kategorisch ab. 

Im Bereich der Eintrittskarten hat sich in der vergangenen Saison die Nutzung von Online-Shops und digitalen Tickets immer mehr etabliert. Dabei stoßen Fußballfans auf einen Dschungel an Shop-Systemen und Bedingungen. Wir haben diesbezüglich die folgenden Erwartungen und Forderungen an Vereine und Verbände:

  • Etablierung einheitlicher ATGB, die Fußballfans mindestens verlässlich einen transparenten Umgang mit ihren Daten garantieren, über Datennutzung und -speicherung informieren und Löschungsfristen von erhobenen Daten offenlegen. Diese Informationen sind nicht nur im Kleingedruckten bereitzuhalten, sondern regelmäßig und sichtbar zu kommunizieren.
  • Bestellung von digitalen Gäste-Karten über den Bezugsverein statt über den gastgebenden Verein: Dies schafft Vertrauen und Sicherheit, dass in angemessener Art und Weise mit den hinterlegten Daten umgegangen wird. Zudem kann auf ein vertrautes Shop-System zurückgegriffen werden, anstatt jedes zweite Wochenende mit neuen Systemen konfrontiert zu sein. 
  • Falls weiterhin an der Praxis festgehalten wird, digitale Eintrittskarten über die gastgebenden Vereine abzuwickeln, erwarten wir einen ausschließlich browser-basierten Verkauf von Eintrittskarten mit Gast-Funktion. D.h.: Wir fordern offene Systeme und eine sofortige Rücknahme der teilweisen Verpflichtung, für den einmaligen Kauf einer Eintrittskarte einen Account beim gastgebenden Verein einzurichten und/oder sich dort zu registrieren. Es darf keine Zwangsmitgliedschaften geben.
  • Zum Vorzeigen erworbener digitaler Eintrittskarten muss es immer die Möglichkeit geben, ohne die Verwendung einer spezifischen App o.ä. die Einlasskontrolle zu passieren. Für Personen ohne Smartphone und im Falle eines leeren Akkus muss stets eine Alternative zum digitalen Vorzeigen geschaffen werden.
  • Digitale Eintrittskarten müssen zudem – so, wie es mit analogen Eintrittskarten möglich ist – im Falle einer Verhinderung ohne Haftungsproblematiken an Dritte weitergegeben werden können.
  • Die Nutzung digitaler Eintrittskarten darf darüber hinaus zu keiner Zeit zur Einführung personalisierter Eintrittskarten führen. 
  • Auch bei der Vergabe digitaler Eintrittskarten sind bei entsprechenden Rest-Kontingenten stets Tageskassen vorzuhalten. 
  • Sollten bei Spielen ausschließlich digitale Eintrittskarten verkauft werden, regen wir die Bereitstellung von Hardcover-Tickets für Sammler*innen – analog zur Konzertbrache – an. 

Zudem erwarten wir, dass alle Fußballvereine und -verbände ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden, indem sie immer – sowohl für Heim- als auch für Gästefans – ein Kontingent an ermäßigten Karten zur Verfügung stellen, dies sowohl für Stehplätze, als auch für Sitzplätze. Denn körperliche Beschwerden dürfen nicht dazu führen, dass Ermäßigungen für Sitzplätze nicht in Anspruch genommen werden können. Bei den Ermäßigungen sind mindestens Statusgruppen wie Schüler*innen, Studierende und Rentner*innen und/oder damit korrespondierende Altersgruppen zu berücksichtigen, bei sozialen Aspekten beispielsweise Behinderungen oder ein geringes (Familien-)Einkommen. Bei geringen Einkommen empfehlen wir eine Koppelung an andere Nachweise wie etwa lokale Städte- oder Familien-Pässe.