Gegen Rassismus und Diskriminierung. Unsere Kurve zur Überarbeitung des Anwendungsbereichs des 3-Stufen-Plans
Der sogenannte 3-Stufen-Plan wurde von der UEFA entwickelt, um die Vereinnahmung von Fußballspielen durch diskriminierende und/oder rassistische Äußerungen – sowohl verbal, durch Gesten als auch auf Transparenten o.ä. – zu unterbinden. Vor dem Beschluss zum 3-Stufen-Plan war es Schiedsrichter*innen nicht möglich, das Spiel ohne direkte eigene Kenntnis aufgrund von derartigen Vorfällen zu unterbrechen oder gar abzubrechen. Der DFB hat nach der offensichtlich falschen Anwendung im Frühjahr 2020 klarere Rahmenbedingungen für die Anwendung des 3-Stufen-Plans entwickelt und eine Handreichung zur Anwendung veröffentlicht.
Wir stellen im Folgenden die wesentlichen Punkte für die Anwendung des 3-Stufen-Plans bei Spielen in Verantwortung des DFB oder der Bundesligen dar. Andere Regelungen im Fußball zur Sanktionierung von Fehlverhalten bleiben hiervon unberührt.
Wann greift der 3-Stufen-Plan und was ist sein Zweck?
Der*die Schiedsrichter*in hat die Möglichkeit – auch wenn er*sie den Vorfall nicht selbst mitbekommt – das Spiel zwei Mal zu unterbrechen und im äußersten Fall bei einem dritten Vorkommnis innerhalb einer Spielzeit das Spiel abzubrechen.
Der 3-Stufen-Plan ist in Zusammenhang mit Rassismus und Diskriminierung für zwei Situationen vorgesehen:
- Ein*e Spieler*in wird von den Rängen rassistisch und/oder diskriminierend adressiert
- Tribünen und deren Sichtbarkeit werden für die Inszenierung rassistischer und/oder diskriminierender Botschaften missbraucht
Im ersten Fall geht es um den Schutz von Betroffenen: Die Unterbrechung bietet die Möglichkeit für ein Gespräch mit dem*der Betroffenen und über notwendige Interventionen.
Im zweiten Fall geht es darum, dass ein Fußballspiel nicht für rassistische und/oder diskriminierende Botschaften missbraucht werden darf.
Der DFB hat sich überdies dazu entschieden, das Anwendungsgebiet des 3-Stufen-Plans auf den Bereich der sogenannten „personifizierten Gewaltandrohung“ auszuweiten.
Wir stufen diese Erweiterung als ein Versuch ein, die offensichtlich falsche Anwendung des 3-Stufen-Plans im Frühjahr 2020 aufgrund von beleidigenden Bannern gegen Dietmar Hopp wenigstens in Teilen rückwirkend zu rechtfertigen. Ab sofort gilt in jedem Fall, dass die Darstellung einer Person in einem Fadenkreuz zur Anwendung des 3-Stufen-Plans führen kann.
Keine Anwendung findet der 3-Stufen-Plan hingegen bei Beleidigungen, egal ob in Sprechchören oder als geschriebenes Wort. Wichtig zu wissen: Es handelt sich hier nur um die Anwendung des 3-Stufen-Plans, d. h. Sanktionen z. B. durch die Sportgerichtsbarkeit oder Strafverfahren bleiben/sind weiterhin möglich.
Bewertung der Anpassung des Anwendungsbereichs
Wir stufen die Konkretisierung der Anwendung des 3-Stufen-Plans als Teilerfolg ein. Dieser Teilerfolg wurde durch die gelungene Öffentlichkeitsarbeit verschiedener Fanorganisationen einerseits sowie einer intensiven Auseinandersetzung in den Dialogstrukturen zwischen beteiligten Fanorganisationen und -verbänden andererseits erreicht.
Wir begrüßen jegliche konsequente Haltung und Handlung gegen Diskriminierung und Rassismus und damit auch die Anwendung des 3-Stufen-Plans in Zusammenhang mit diskriminierenden und rassistischen Vorfällen.
Die aktuelle Handreichung ist ein erster Schritt für mehr Klarheit – dennoch besteht nach wie vor ein großer Ermessensspielraum und vieles wird sich erst in der Anwendungspraxis zeigen. Deshalb fordern wir, dass die Anwendungspraxis mindestens einmal pro Jahr in Kooperation mit Fans evaluiert wird und die Handreichung regelmäßig angepasst und konkretisiert wird.
Die Erweiterung des 3-Stufen-Plans um den Sachverhalt der „personifizierten Gewaltandrohung“ lehnen wir kategorisch ab. Diese Erweiterung geht am Kerngedanken des 3-Stufen-Plans vorbei und erschwert unserer Meinung nach die sachgemäße Anwendung enorm. Bereits jetzt können entsprechende Androhungen sowohl durch das Sportgericht, als auch durch ein ordentliches Gericht untersucht und sanktioniert werden. Wir sind außerdem der Überzeugung, dass der 3-Stufen-Plan einfacher Akzeptanz gefunden hätte, wenn ausschließlich diskriminierende und rassistische Vorfälle Gegenstand des 3-Stufen-Plans wären.
Klärung verwendeter Begriffe im Kontext des 3-Stufen-Plans
Wird eine Person diskriminiert, dann wird er*sie nicht als einzelner Mensch mit seinen*ihren persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten oder Interessen wahrgenommen und bewertet. Er* sie wird in diesem Fall als Teil eines Kollektivs, einer (erfundenen) Gemeinschaft wahrgenommen. Aufgrund dieser Einordnung werden der Person dann bestimmte, zumeist negative, Eigenschaften zugeschrieben. Diese Eigenschaften werten die Person ab und haben den Zweck, sie von anderen Menschen zu unterscheiden und der Person die Gleichberechtigung abzusprechen.
Im Fall von Rassismus erfolgt die Unterscheidung i. d. R. aufgrund der Hautfarbe und/oder der Herkunft. Grundlage bildet die absurde und falsche Idee, dass es ‚Rassen‘ von Menschen gebe, denen dadurch die Gleichwertigkeit und der Anspruch auf Gleichberechtigung abgesprochen wird.
Rassismus und Diskriminierung verweisen in der Regel auf eine historische Dimension der Ausgrenzung und Unterdrückung.
Wir lehnen jegliche Form von Diskriminierung und Rassismus konsequent ab und werden uns dieser mit allen unseren Mitteln entgegenstellen.